Das Bernsteinzimmer by Heinz G. Konsalik

Das Bernsteinzimmer by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-15T04:00:00+00:00


Längst war der Zar weitergereist, als Freund von Preußen und beeindruckt von dessen Armee, über die er in Paris Wunderdinge zu berichten wußte, als ein Lakai in die Wohnung des Herrn Friedrich Theodor Wachter kam und einen Befehl Friedrich Wilhelms überbrachte:

»Er komme sofort zu mir.«

Wachter sah zum Fenster hinaus. Es war schon dunkel, die königliche Familie hatte wie üblich sehr einfach zu Abend gegessen. Es war eigentlich die Zeit, in der der König hinter seinen Akten saß, die Militärausgaben durchrechnete und Berichte der verschiedenen Rechnungskammern las und mit Randbemerkungen versah. Rastloser Arbeiter, der er war, kümmerte er sich um alles, von den Erträgen des Handels bis zur Urbarmachung versumpften Landes, von der Kleiderordnung seiner Soldaten bis zum häuslichen Frieden seiner Bürger. Wie oft war er mit seinem Buchenstock zwischen streitende Eheleute gefahren, wenn er sie auf seinen Wanderungen durch Berlin bis auf die Straße keifen hörte.

»Wann?« fragte Wachter erstaunt.

»Sofort. So steht's da.«

Wachter zog seinen blauen Rock an, seine Frau Adele reichte ihm die braune Perücke. Im Hintergrund des Zimmers, unter einem sechsflammigen Kerzenleuchter, saß ihr zehnjähriger Sohn Julius und las in einem Schulbuch.

»Was will der König von dir?« fragte Adele Wachter besorgt. »Um diese Zeit? Hat der Urban, dieser Kriecher, dich verraten und von deinen Worten berichtet? Schläge wirst du bekommen, Fritz, das mindeste wird das sein. Vielleicht wirft er dich ins Gefängnis, steckt dich unter die Soldaten … Mein Gott, warum hast du nicht den Mund gehalten …«

»Wir wollen sehen, Delchen.« Er gab seiner Frau einen Kuß auf die Augen, knöpfte den Rock zu und folgte dem Lakaien zum Arbeitskabinett des Königs.

Friedrich Wilhelm arbeitete wirklich und saß gebeugt über lange Listen, als die Türwache ihn ins Zimmer ließ. Einen tiefen Diener machte Wachter und wartete dann an der Tür, was nun kommen würde. Der König hob den Kopf und sah ihn an.

»Tret Er näher«, sagte er mit ruhiger Stimme. Sie klang zwar immer noch befehlend, hatte aber nicht den Unterton des Zorns. »Komm Er hierher zu mir, ganz nah … Fürchtet Er sich?«

»Nein, Majestät.«

»Das hat Er klug gesagt. Den König von Preußen soll man nicht fürchten, man soll ihn lieben. Auch wenn Er den Stock spürt – es ist nur zu seinem Guten. Er weiß, daß ich das Bernsteinzimmer dem Zaren zum Geschenke machte? Man hat es Ihm hinterbracht?!«

»Ja, Majestät.«

»Und, Wachter?«

»Ich bin traurig, Majestät.«

»Er weiß nicht, um was es geht, Er kennt nichts von Politik. Er soll's auch nicht wissen, denn Er begreift es doch nicht. Wachter, Er ist der Verwalter und Aufseher des Bernsteinzimmers? Ich erinnere mich, zweimal hat Er mir Meldung gemacht.«

»Dreimal, Majestät.«

»Belehre Er mich nicht, Coujon!« Die Miene Friedrich Wilhelms verfinsterte sich. »Seit wann betreut er das Bernsteinzimmer?«

»Seit 1707, Majestät. Die Sockel- und Wandfelder waren fertiggestellt, die restlichen Weiterarbeiten übernahmen die Bernsteinmeister Ernst Schacht und Gottfried Turow aus Danzig. Da hat Ihre Majestät Friedrich I. mich auf Lebenszeit beauftragt, über das Bernsteinzimmer zu wachen.« Wachter schwieg und fügte dann leise hinzu: »Das sind nun zwölf Jahre.«

»Glaubt Er, Kanaille, ich könne nicht rechnen?« Die königliche Faust sauste auf die Tischplatte.



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